Im Raum München einen BMW’ler zu finden ist wohl kein großes Kunststück. Noch leichter ist es Sätze zu hören wie „BMW ist das beste Unternehmen der Welt“ und Worte wie innovativ, Fortschrittlich, Premium usw. fallen in einem Gespräch auch im Sekundentakt. Ja, die meisten BMW’s sind wirklich schöne Autos und ja, sie sind auch qualitativ ganz oben anzusiedeln, aber innovativ? Ernsthaft? Da bringt BMW als einziger Premiumanbieter einen halbwegs ordentlichen Stromer auf den Markt und alle sollen klatschen? Mal ehrlich, das Traurige ist doch, dass BMW der Ein-Äugige unter den Blinden ist, da VW, Audi und Mercedes hier hinterherhecheln.
Statussymbol war gestern
Ich bin 82’er Baujahr und für ich war das Auto immer ein wichtiger Bestandteil. Also Kind wünscht man sich ein Bobbycar mit Porsche Logo und mit 18 hatten alle pünktlich ihren Führerschein. Auto fahren ist auch jetzt noch für mich mehr Spaß als Pflicht und geschäftlich bin ich lieber mit dem Auto unterwegs als mit Flugzeug oder der Bahn, aber ich muss eingestehen, dass ich der wohl letzten Generation angehöre die so denkt. Was mir auffällt ist das Autos immer mehr einen rein praktischen Wert für die jüngere Generation hat und immer weniger einen Emotionalen. Die Urbanisierung schreitet voran und die Städte werden immer voller, die Fußgängerzonen mehr und die Parkautoamten-freien Parkplätze sind kaum noch vorhanden. Die meisten treffen die einzig logisch richtige Entscheidung und legen sich kein Auto mehr zu. Auch die Führerscheinmuffel werden immer mehr und ich muss ihnen recht geben. Das iPhone ist das neue Auto.
Jetzt zu meiner Behauptung…sollten die Premiumhersteller sich nicht in den nächsten Jahren umstellen und ihre Strategie überarbeiten, wird die eigene Arroganz ihnen in Zukunft zum Verhängnis. Ein Auto herzustellen ist nicht gerade „Rocket-Science“ und das haben Unternehmen wie Google, Apple und selbst Amazon inzwischen begriffen.
Siri lässt grüßen
Ein schöner Vergleich ist auch die Sprachsteuerung. Seid mir nicht böse, aber die ist bei allen Premiumanbieter fast schon unterirdisch. Vergleicht mal die Spracheingabe von Google und Apple mit der von Mercedes oder BMW. Die deutschen Premiumhersteller sind hier technisch auf dem Stand von Audiokassetten und Google und Apple sind schon seit langen bei MP3 angekommen.
Connectivity ist der Hubraum von morgen
Was die großen Autohersteller heutzutage falsch machen? Das ist so simpel wie traurig, dass es anscheinend noch nicht erkannt wurde. Was ist für die potentiellen Konsumenten heute wichtig? In erster Linie die komplette Vernetzung. Momentan ist das noch das Smartphone und bald wohl die Brille, Uhr und sonstige Eingabemöglichkeiten. Das Auto müsste um diesen Connectivity Wunsch der Kunden gebaut werden. Momentan ist das fast schon peinlich bei unseren Premiumanbietern, wenn man sein Smartphone mit dem Auto verbindet. Ich kann aus eigener Erfahrung von einem sehr aktuellen Mercedes berichten. Immerhin klappt das Verbinden über Bluetooth ganz ok, aber bei der Wiedergabe von Mediendateien fängt es an. Wieso kann das Display nicht auf das des Autos gespiegelt werden? Das geht mit jedem 6 Jahre alten Fernseher. Will ich ein neues Handy verbinden, was bei Firmenwagen fast täglich vorkommt, muss das alte erst entkoppelt werden damit das neue einwandfrei funktioniert. Wieso kann man nicht über das 2500,-€ teure Entertainment System nicht direkt eine App auswählen usw.
Beim zweiten Punkte versagen die Premiumanbieter ebenfalls. Schauen wir uns die Zukunft an, in der das autonome Fahren immer mehr an Wichtigkeit gewinnen wird. Neben Kamerasystemen und Sensoren benötigt man auch Kartensystem und das einbeziehen der aktuellen Verkehrslage. Hat jemand mal Google Maps mit dem Streckenführungssystem von Mercedes, VW, Audi oder BMW verglichen? Alleine die geschätzte Ankunftszeit ist bei Google wirklich beeindruckend genau. Die aktuelle Verkehrslage wird hier wirklich mit einbezogen. Bei unserer V-Klasse ist die Zeit nicht mehr als eine sehr grobe Richtlinie. Und nun kommt die Höhe…nach meistens 2-3 Jahren muss stetig für das Update der Karten gezahlt werden. Ernsthaft? Was Google kostenlos bereitstellt lassen sich die Autohersteller mehrfach bezahlen. Das ist keine Kundengewinnungsmaßnahme. Hier haben Apple und Google einen weit besseren Stand was die Aktualität angeht.
Und dann kommen wir zum Preis. Wie gesagt ist es eine gefährliche Arroganz zu denken, dass Google oder Apple ja nur Technologieunternehmen sind. Ganz ehrlich, ein Auto zu bauen, wird die beiden nicht wirklich aus der Ruhe bringen, aber eine Suchmaschine wird es von Audi wohl kaum geben. Die Zeit wird kommen in der die Kunden das Auto aussuchen, wie sich ihr Appel Account mit dem Auto verbinden lässt und man per Siri das Ziel eingibt. Nebenbei werden dann die Emails gecheckt, da man auf der Autobahn den Autopiloten angeschaltet hat.
Das Image ist dahin
Für mich persönlich war der Dieselskandal die Spitze des Eisberges. Ja, die Umsätze werden bei den Großen deshalb erstmal nicht zurück gehen, aber auch nur weil in China das hier verlorene Geschäft mehr als nur reingeholt wird. Aber das ist zu kurzfristig gedacht und spielt Google, Apple und auch Amazon in die Karten. Warum ich auch Amazon mit erwähne? Schon mal die neue E-Lieferwagen von Amazon gesehen? Da die anderen hier nicht fähig zu sein scheinen, baut Amazon eben selbst seine Lieferwagen und auch DHL geht hier eigene Wege.
Dazu kommt natürlich nun noch das Thema mit dem Feinstaub und den wohl bald Dieselfreien Städten. Ich muss zugeben, dass die Kritiker die gegen die blaue Plakette sind durchaus recht haben. Ja, die Schiffe sind ein viel größeres Problem…gerade auf die weltweite Feinstaubbelastung gesehen, aber ich bin aus einem anderen Grund ein kleiner Fan der blauen Plakette. Es wird nämlich deutlich wie wenig Innovationen von unseren Premiumherstellern kommt. Ja, Tesla ist auch nicht die Lösung für alles, aber sie gehen zu mindestens voran. Das würde man von unseren Herstellern erwarten. BMW geht immerhin auch einen Schritt aber hingt hier noch hinterher. Deshalb hoffe ich auf Google und Apple, dass hier mal endlich ein wenig Bewegung reinkommt.
Die Kunden haben das Heft in der Hand und bestimmen wo es lang geht. Hier kann ich nur hoffen, dass nicht zu viele wieder wie ein Goldfisch vergessen wie sie von den meisten Herstellern betrogen wurden.
Euer Michael
